200 Jahre Tumbleweed Records

Veranstaltungsreihe zum 20-Jährigen Geburtstag von Tumbleweed Records – 14. Oktober bis 02. Dezember 2017

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+++ 200 Jahre Tumbleweed Records +++ Veranstaltungsreihe zum 20-Jährigen Geburtstag von Tumbleweed Records +++

Mit wechselnden Vertriebspartnern (Semaphore, SPV, Grand Harbour und seit 2004 mit Broken Silence), veröffentlichen wir nun bereits seit Ende 1996 Tonträger in allen Formaten. Darunter Kollaborationen mit Künstlern wie Die Grätenkinder, Sternbuschweg, Lornaswes, Slown, Schwarz, außer ichBum Khun Cha Youth (mit Linus Volkmann), grafzahl, Gnill, Lauter BäumenMat Reetz (Blackmail), Krälfe, Bizibox, Erdbeertörtchen, Scut, Luke, Eheruncool, Pechsaftha (mit Martin Büsser und Martin Kircher), Polaroid Liquide, Klotzs, The Truth About, Die Oliver Minck Erfahrung, Kiesgroup, Precious Few, KirmesahuizotlAutoBrüllDaniel Decker (Kotzendes Einhorn), Die Sonne (mit Oliver Minck) etc.

Anlässlich des 20-Jährigen Jubiläums gibt es vom 14. Oktober bis zum 02. Dezember in Köln eine Veranstaltungsreihe mit fünf Terminen im Tsunami Club und dem Club Subway . Alle Veranstaltungen beginnen um 20.30 Uhr!

Mit freundlicher Unterstützung/Förderung des Kulturamts der Stadt Köln.

STK Kulturamt RGB

+++ 200 Jahre Tumbleweed Records +++

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14. Oktober – Tsunami: Krälfe & trggr
Minimalistischer Noise Rock aus Berlin von Krälfe und die Mathcore/Postrock-Legende trggr aus Köln.
Veranstaltung FB: https://goo.gl/U2FFnz
www.kraelfe.bandcamp.com
www.soundcloud.com/trggr-2
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27. Oktober – Tsunami: Schinken Omi präsentiert: Bum Khun Cha Youth & Jens Friebe
„Was wirklich geschah“ – Powerpoint-Vortrag der Schinken Omi über die Firmen- und Milieugeschichte des Kölner Indie-Imperiums Tumbleweed Records mit Livemusik von Bum Khun Cha Youth und Jens Friebe.
Veranstaltung FB: https://goo.gl/RUHFxw
www.schinkenomi.com
www.facebook.com/Bum-Khun-Cha-Youth-771702776195272
www.jens-friebe.de
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17. November – Tsunami: Autobrüll & Lauter Bäumen
Autobrüll bewegen sich in den Koordinaten der Boxhamsters, der Tocotronics, der Hüsker Dü und den Organs dieser Welt. Ständige Abseitspostion, garniert mit drei Akkorden und fünf Herrengedecken. Lauter Bäumen präsentieren krachigen Indie-Pop-Punk mit deutschen Texten und die Songs aus ihrem aktuellen Album „Mieser in den Miesen“.
Veranstaltung FB: https://goo.gl/fKYcxi
www.autobruell.bandcamp.com/releases
www.lauterbaeumen.bandcamp.com
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24. November – Subway: Die Sonne – Album-Release Konzert / Support: Sænder
Die Sonne veröffentlichen am 03.11. ihr neues Album „Aber die Landschaft“ über Tumbleweed. Dies ist das offizielle Releasekonzert.
„Klanglich destillieren sie die klügsten, elegantesten und kristallinsten Formen, die Pop und Wave hervorgebracht haben“ – Oliver Uschmann
Veranstaltung FB: https://goo.gl/hXcrSv
http://diesonne.org
www.saender-musik.de
Geplant und eingetütet von King Kalk Booking.
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02. Dezember – Tsunami: Grafzahl & Daniel Decker
Eine der seltenen Gelegenheiten die Punk-Pop-Veteranen Grafzahl aus Siegen live zu sehen. Das letzte Album „Der Rückzug ins Private“ von Grafzahl war ein Geniestreich. Außerdem zu Gast ist Daniel Decker, dessen letztes Album „Weißer Wal“ für ein Aufhorchen gesorgt hat. – „da hat vor allem einer genau hingehört, was in seiner Generation los ist.“
Veranstaltung FB: https://goo.gl/J9jdou
www.grafzahl.co.uk
www.daniel-decker.de
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Bum Khun Cha Youth – Supportshow vor Jens Friebe / Nachtleben/Frankfurt, 21.02.16

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„Später verschwand auch Uli mal“

Ich war so lange nicht mehr hier. Sogar Bum Khun Cha Youth haben hier mittlerweile ein höheres Aktivitätslevel vorzuweisen als diese Frittenbude (Label). Wie auch immer, am 21.02. spielten die beiden Schnuffis zusammen mit Jens Friebe im Nachtleben Frankfurt.

Hier vom Konzerttagebuch eine detaillierte teilnehmende Beobachtung, inkl. Setlist und historischer Einordnung.

 

Bum Khun Cha Youth live in Basel, 20.06.15 …

„Inmitten von besoffenen Teenagern. Wie Linus es so liebt. Ihr seht so souverän aus, als hättet Ihr gar keine Angst. Toll!“

Bester Kommentar dazu auf Facebook Bum Khun Cha Youth in Basel, 20.06.15 – Siehe auch hier.

Im Shop der SCHINKEN OMI gibt es u. a. immer noch alle 7″ und das CD-Album „“Alarm! Hanns-Martin ist verschwunden” von BKCY, bestellen hier: http://schinkenomi.com/

Neuigkeiten von Kiesgroup, Bum Khun Cha Youth & Grafzahl

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+++ KIESGROUP +++Rezensionen sind ja immer so eine Sache, eigentlich ein Relikt aus vergangenen Zeiten, andererseits Gradmesser und wichtig für die Verbreitung der jeweiligen Veröffentlichung. Trotz einer nicht zu leugnenden Abstumpfung gegenüber medialen Rückmeldungen, freue ich mich immer wieder etwas zu lesen und mich daraufhin verstanden zu fühlen. In diesem Fall der geschätzte Kollege Benjamin Walter. Er ist übrigens auch der Regisseur des 2008 erschienen Kurzfilms „Der Raucherraum“ . Uraufgeführt auf der Frankfurter Musikmesse, zeigte damals dieses erschütternde Zeitdokument, wohin Pop wirklich führt. Später mehrfach dafür ausgezeichnet, hält Walter hier die Kamera drauf, immer dann, wenn es wehtut. Gar nicht schonungslos ist hingegen seine einfühlsam formulierte und auf den Punkt gebrachte Rezension zum Kiesgroup-Album „Shantychrist“ in der neuen April Intro. +++ BKCY +++ Das Artwork für die Cliquenedition #3 habe ich schon irgendwo gesehen. Wahrscheinlich haben die schon alles geschickt. Muss heute mal meine Mails lesen. Linus schimpft bestimmt schon. +++ GRAFZAHL +++ Florian ist gerade mit seinem rockigen Seitenprojekt in der Schweiz um ein Doppelalbum aufzunehmen. Der Rest, Henni und Herr Schneider, bastelt gerade am Artwork für das neue Album der Grafen. Das ich das noch mal erleben darf. Ach ja, natürlich wollen Grafzahl noch irgendwelchen Hörspielkram zwischen die Stücke packen, ich befürchte daher, die Platte kommt nicht vor 2013. Immerhin sind nur noch zwei Titel für das Album in der Auswahl: „Der Rückzug ins Private“ & „Kann Spuren von Zahntechniker enthalten“ Abgesehen davon wird es das Teil nur als Vinyl mit CD-Beilage geben.

Bum Khun Cha Youth – Releaseinfo – CD-Album „Alarm! Hanns-Martin ist verschwunden.“ (2007)

BKCY – das sind Ulrich Nachtigall und Linus Volkmann aus Köln. Einst hatten sie eine Skihütten-Indie-band, aber das Verstärkerschleppen und Gitarrespielen war einfach eine zu große Zumutung für die zwei sensiblen Blitzlichtluder mit den Kabelarmen und Streichholzbeinen. Es gibt daher elektronische Musik in dem Spannungsfeld zwischen Digitalism und Blümchen.

„Alarm!  Hanns-Martin ist verschwunden.“ ist ihre erste Platte. In den elf Jahren Bandbestehens zuvor, erschienen bereits zwei 7“-Singles und die Mini-LP „Unendliche Freiheit“. Der große Radiohit aus den Neunzigern „Wann hast du eigentlich aufgehört, mich zu lieben, Schatz?“ findet sich dem aktuellen Album als Bonus im Original angehängt.

Noch mehr zu sagen? Ja, klar. Und das tut nun der Ex-Tennis-Profi Thomas Venker aus Stuttgart:

Lesen auch Sie, was ich gerade gelesen habe: Die Sätze, die die Band uns, den Hörern, im Booklet ihres Albums „Alarm, Hanns-Martin ist verschwunden“ mit auf den Weg geben. Und schon wissen Sie, warum ich mit dem folgenden das Info einleiten will – und nicht mit dem erwartbaren Punk-Indie-Bohemian-Lebensstilreport der beiden Kölner. Den kann man sich googeln, die Kontextualisierung des Leitmotivs RAF soll mein Job bei der Nummer sein. Ein angenehmer.

Denn all diese RAF-Bezüge, die wir auf „Alarm, Hanns-Martin ist verschwunden“ finden, sie sollen keineswegs schocken und rocken wie beispielsweise Baader-Meinhof-Rückgriffe in der Britischen Industrialszene Ende der 70er – wobei man dies jenen Bands gar nicht vorwerfen kann, zu gering war die zeitliche Distanz als dass sie die Abstraktion hätten leisten können. Aber heute, 30 Jahre nach dem Deutschen Herbst, bedarf es mehr als des name droppings, man muss sich positionieren. Volkmann und Nachtigall tun das. Sie wollen nicht nur catchy Slogans über grellbunte Keyboardlines legen, sie treten gegen das Arschloch Meinungspluralismus an. Sie zeigen, dass die RAF nicht mit einer absoluten Position und eben solcher Sicherheit zu beurteilen ist, sondern ein vielschichtiges Phänomen deutscher Geschichte ist, an dem viel kritisiert werden kann und muss (gerade auch die antisemitistischen und sexistischen Tendenzen, die Künstler sprechen es im Booklet an), aber eben auch der ernst gemeinte Versuch unternommen werden sollte, sich die Ereignisse jener Tage bewusst zu machen, zu erinnern und aufzuarbeiten, die historischen Ereignisse und die Positionen der Protagonisten, ihre Visionen.

Schuld und Sühne also. Das Thema des Jahres 2007. Und so sehr man sich freut, dass die Medien abseits von Britney Spears menschlicher Tragödie und den letzten Zuckungen von fragwürdigen Starkonstruktionen wie Anna Nicole Smith endlich mal wieder einem richtigen Thema widmen, so sehr geht einem doch auf den Sack, was man da so lesen muss an arrogantem Duktus, gespeist mit der Gewinnerpose in der xten Generation. Die Diskussion über die „vorzeitige“ Haftentlassung, die Gnadengesuche von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, machte deutlich, warum es gut ist, dass es dieses Album gibt: Um daran zu erinnern, dass jede Geschichte mehrere Auslegungen hat, je nach Erzähler. Gefährliches Terrain, ich weiß. Denn wenn wir über beispielsweise – und da es in diesem Kontext so gut passt  – über Hitlerdeutschland sprechen, dann komme mir keiner mit differenzierter Sicht der Dinge – denn so sehr die Rückkehr zum Neuen Deutschen Selbstbewusstsein, die dieser Tage around ist (sei es in Form von Fahnen bei der WM oder Geseiere aus einem weißen Vanity-Fair-HQ) so elend ist sie auch.

Die RAF ist trotz ihrer – in der Diskussion gern unterschlagenen – Gesellschaftsutopie, die an sozialistische Ideen andockte, ohne Hitlerdeutschland nicht denkbar gewesen. Sie ist in ihrem elementarsten Kern auch ein Dagegenhalten gegen das zurück zu alten Strukturen, das Weitermachenlassen der Schuldbeladenen. Insofern ist es grob fahrlässig, und auch nicht nachvollziehbar, wie jemand wie Jan Philipp Reemtsma die RAF als lokale Gruppenpose a la Dostojewskijs „Dämonen“ (jetzt neu „Böse Geister“) zeichnen kann (so geschehen in einem vor Selbstzufriedenheit nur so triefendem Beitrag in der Zeit vom 8. März dieses Jahres). So leicht kann man die Protagonisten jener Epoche, die bis heute, das zeigt ja die aktuelle Debatte, das Land aufwühlt, nicht abkanzeln, mal davon abgesehen, dass es auch politisch ein bedenklicher Akt ist. Außerdem stellt die RAF nicht nur ein singuläres deutsches Phänomen dar, sondern sah sich eingebettet in eine globale Bewegung, motiviert auch von den Tupamaros in Uruguay, Freiheitskämpfern in Mittel- und Südamerika. Hochgeputscht von dem (verrinnenden) Kairos der Studentenbewegung und den alles möglich erscheinenden Ereignissen jener Tage. Ihre Vision von Räterepublik, Internationalismus und Kommunismus sollte die von der Propaganda der Tat aktivierte Bevölkerung mit in die Verantwortung ziehen, mobilisieren für einen anderen, gerechteren Entwurf.

Aber kommen wir zurück zur Bum Kun Cha Youth. Man kann dieser bei oberflächlicher Rezeption des Werks unterstellen, dass sie schändlichen Populismus für Linksradikale betreibe, oder auch nur, dass sie eine Käsepizzavariante dessen zum reinen Spaßkick abliefere. Aber das wird ihnen genauso wenig gerecht wie Reetsmas Worte zutreffendes über die RAF sprechen. Nur woran liegt das? Die RAF legte den Finger in die größte Identitätswunde, die dieses Land besitzt: Die Nazivergangenheit und deren inkonsequente Aufarbeitung. Natürlich sagte ihr, wie jedem guten Linken, der Kapitalismus als Prinzip nicht zu, da er, selbst wenn er noch so viel hinausposaunte Soziale Marktwirtschaft zur Seite gestellt bekommt, letztlich doch immer weiter die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert – aber das war nicht ihr Hauptanliegen, auch wenn  Christian Klar sich in seiner aktuellen Grußbotschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz damit auseinandersetzt, nein, ihr Hauptanliegen war doch ganz klar die Kritik an den beibehaltenen Verhältnissen, dem Laissez Fair, mit dem aus Angst vor fehlendem Aufschwung und längerer Zeit der Buße und des Leids (und sie wäre verdient gewesen) einiges schneller vergessen wurde, als es Recht war, einige schneller – ja überhaupt – wieder eingegliedert wurden in das soziale Leben, die mit soviel Schuld beladen waren, dass sie statt nach Argentinien reisen zu dürfen, um erste neue Deals zustande zu bringen (mit Geldern, deren Herkunft keiner so genau wissen wollte) für immer in Demut Soziale Dienst hätten ableisten müssen oder noch besser im Knast Tellerwaschen. Wie zynisch mag dieses Deutsche Wirtschaftswunder für all jene gewirkt haben, die so unterDeutschland haben leiden müssen?

Ob aus all dem das Recht zu einem Kriegszustand ableitbar ist, die Argumentation auf der Otto Schily seine Verteidigung der angeklagten im Stammheimer Prozess aufbaute, sei vertagt, dafür ist das hier nicht der Rahmen. Nur dieses Gedankenexperiment sei an der Stelle zugelassen: Wer fühlt, dass noch immer die Protagonisten des Nationalsozialismus am Schaltpult sitzen, der wär ein schlechter Demokrat, wenn er nicht dagegen angehen würde – auch wenn „der gute Demokrat“ kein Maßstab gewesen ist, an dem die RAF etwas habe bemessen wollen. Damit sei weiterhin nicht gesagt, dass Gewalt der Weg ist. Keineswegs. Aber es ist gesagt, dass man all diese Gesichtspunkte nicht wegschieben sollte und kann.

Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie nicht all das sofort wiederfinden in der Musik der Bum Khun Cha Youth. Das hier ist Popmusik, ein Ort, der Gefahr läuft, dem System letztendlich zuzuarbeiten, da er Eskapismus fördert – das wissen wir nicht erst seit Adorno – aber eben auch subtile Kommunikationskanäle für mehr bietet. Also lauschen Sie gut.

Thomas Venker // Sommer 2007